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Der klassische britische
Einzylinder
Veloce Ltd, Birmingham
Familie Goodman
Johannes Gütgemann, ein deutscher Einwanderer,
gründete 1905 die Veloce Ltd. in Birmingham/GB. Der
erste Veloce-Motorradmotor von 1910 war ein
Viertakt-Einzylinder mit 276 ccm Hubraum. Noch vor dem
Ersten Weltkrieg änderte Gütgemann seinen Namen in
Goodman. Die Familie Goodman leitete die Geschicke von
Veloce Ltd. bis zur Liquidation 1970. Die Firma befand sich
damals in den Händen der dritten Generation, Bertie und
Peter Goodman. Berties Sohn Simon ist der letzte Goodman
Ingenieur der sich mit Motorrädern befasst. Seine Firma
"Goodman Engineering" befasst sich mit Herstellung und
Vertrieb von Oldtimer Ersatzteilen wie dem berühmten
Norton "Federbett" Rahmen oder den unverwechselbaren
Fischschwanz-Auspuff der Velocette Maschinen. Alle Goodmans
waren aktive Töffahrer die ihre Produkte auch fuhren
und in Motorsportanlässen aller Art zum Einsatz
brachten.
Zweitakter
Ab 1913 führte Veloce Zweitakter im Programm. Das erste
Modell verfügte über einen 206 ccm Motor mit
getrennter Ölschmierung. Zur TT 1921 wurde der Hubraum
auf 250 ccm erweitert. Zu dieser Zeit begnügten sich
andere Hersteller noch mit kupplungslosem Riemenantrieb und
zwei Gängen. Nicht so die Goodmans, ihre Velocettes
rüsteten sie mit Kettenantrieb, Kupplung und
Dreigangetriebe aus.
Viertakter
Bereits 1925 nahm Veloce die Produktion eines 350er
Viertakter mit obenliegender Nockenwelle (OHC) auf. Diese
mit K bezeichneten Modelle brachten der Firma Rennruhm und
weltweite Beachtung ein. Aus dem ersten K Modell entwickelte
Veloce die drei Modellreihen KSS, KTS und KTT. KSS und KTS
waren Strassenmaschinen, die KTT die Rennmaschine. Das Werk
setzte die KTT Produktion nach dem Zweiten Weltkrieg bis in
die Fünfziger Jahre fort. Stosstangen Viertakter (OHV)
baute Veloce ab 1933. Das 248 ccm Modell hiess MOV und wurde
nur ein Jahr später als MAC auch in einer 350er Version
angeboten. Wiederum ein Jahr später, 1935, lancierte
das Werk die 500er Einzylinder MSS mit
Viertakt-Stosstangenmotor.
Die hohen Produktionskosten der K-Motoren
veranlassten das Werk in den krisengeschüttelten
Dreissigern die Stosstangen M-Motoren zu bauen. Sie waren
nicht nur günstiger in der Herstellung, auch der
Velocette Besitzer profitierte vom einfacheren Unterhalt.
Der M-Motor fand Verwendung bis zur Schliessung des Werks
1970. In seiner letzten Version im Spitzenmodell Venom
Thruxton leistete der Einzylinder 41 PS.
Rennen
Rennerfolge an der Tourist Trophy auf der Isle of Man
versprach Prestige und erhöhte die Nachfrage. Veloce
beteiligte sich 1921 erstmals mit vier Zweitaktmaschinen an
der TT. Grosse Erfolge konnte das Werk in den Dreissiger
Jahren mit der KTT feiern. Stanley Woods gewann 1938 und
1939 die Junior (350 ccm) TT und belegte in den Jahren 1936,
1937 und 1938 den zweiten Platz in der Senior (500 ccm)
TT.
Nachkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg produzierten die Goodmans
zunächst die Vorkriegsmodelle MOV, MAC und MSS in
kleinen Stückzahlen weiter. Die letzten Zweitakter
baute man 1946, 200 GTP, alle für den Export bestimmt.
Im November 1948 debütierte die LE 150, ein
verkleidetes Leichtmotorrad mit wassergekühltem
Viertakt-Boxermotor und Kardanwelle zum Hinterrad. Die LE,
untermotorisiert und teuer, fand wenig Anklang beim Publikum
und muss als Ursache für den Zusammenbruch von Veloce
Ltd. betrachtet werden. Entwicklung und Werkzeuge der LE
verschlangen £100'000, Investitionen die das Werk
schlussendlich abschreiben musste. Weitere Fehlentwicklungen
die zum Untergang des berühmten Werks führten
waren das Motorrad Valiant mit dem 200 ccm Motor der LE und
der Roller Viceroy.
Die Weiterentwicklung des MSS Motors
führte zu den beiden Modellreihen Viper mit 350 ccm und
Venom mit 500 ccm. Ab 1956 sollten sie die tragenden
Säulen des Motorradgeschäfts werden. Mit Viper und
Venom brach Veloce erstmals die Tradition seine Modelle nur
mit nackten Buchstabencodes zu bezeichnen. Beiden Modellen
gemeinsam war der skurile Fischschwanz-Auspuff und die
lastabhängig einstellbaren hinteren Stossdämpfer.
Veloce verkaufte Viper und Venom in verschieden Varianten
die sich Special, Clubman oder Veeline nannten. Clubman
bedeutete rennmässiges Zubehör wie
zurückgesetzte Fussrasten und Stummellenker, um die
"Velo" eben an Clubrennen einzusetzen. Die Viper/Venom
Veeline muss eins der ersten serienmässigen
Motorräder mit Verschalung gewesen sein. Die Ende 1964
vorgestellte Venom Thruxton erhielt den bisher
stärksten M-Motor und alle rennmässigen Goodies
die sich der Liebhaber sonst zukaufen musste. Besonders
erwähnenswert die von John Tickle entworfene
Zweinockenbremse im Vorderrad und der gewaltige Amal GP
Vergaser der im schön geformten Tank einen Ausschnitt
erforderte. Die Thruxton gab es anfangs nur in der
Farbkombination Silber/Blau, doch die Fans verlangten und
bekamen das klassische Velocette-Schwarz mit Goldfilet. Die
Thruxton dürfte heute das gesuchteste Velo Modell
sein.
Zwei Besonderheiten der Viertakter
plagten über Jahrzehnte alle Velo Fahrer. Die viel zu
kleine Übersetzung des Kickstarters konnte den
Startvorgang für Ungeübte zum Alptraum werden
lassen. Das zweite Übel betraf die Kupplung, eine
geniale Konstruktion, aber schwierig einzustellen und an der
Grenze ihrer Leistungsfähigkeit in den Venom und
Thruxton Modellen. Die M-Motoren mit Kegelrollen gelagerter
Kurbelwelle bauten sehr schmal, die Kettenlinie zum
Hinterrad erforderte daher ein ausserhalb der schmalen
Kupplung plaziertes Kettenritzel.
Scrambler
Die 1954 neu aufgelegte MSS konnte als braver
Tourentöff die Ansprüche der amerikanischen Fahrer
kaum erfüllen. Sie verlangten partout mehr und noch
mehr Leistung und fanden immer mehr Spass an Off Road
Anlässen. Ab 1955 offerierte Veloce eine Scrambler mit
getuntem MSS Motor, grösseren Rädern und weiterem
Zubehör. Sportliche Erfolge konnten diese Scrambler
aber nie erringen. Der Strassenrahmen war zu schwer, die
Geometrie ungeeignet und die Bodenfreiheit ungenügend.
Kein Wunder, dass in 15 Produktionsjahren lediglich etwa 100
Scramblers gebaut wurden. Die Endurance, eine Scrambler
Version mit Strassenausrüstung erreichte auch nicht
höhere Stückzahlen.
Rennen
Zur Saison 1949 baute Velocette einen
Doppelnocken-Zylinderkopf für ihre 350er KTT
Werksmaschine. Diese Maschine sollte den letzten grossen
Ruhm für Velocette einfahren, WM Titel 1949 und 1950.
In den Fünfziger und Sechziger Jahren beteiligte sich
das Werk mit mässigem Erfolg an Langstreckenrennen.
Klassensiege mit getunten Venoms gaben schliesslich dem
Topmodell "Thruxton" (Thruxton, bekannte Rennstrecke) seinen
Namen. Einen glänzenden Doppelsieg errangen Neil Kelly
und Keith Heckles 1967 beim ersten TT Rennen für
Serientöffs (?).
Rekorde
Aufsehen erregte das Werk 1961 als es mit einer verkleideten
Venom Clubman auf der Montlhéry-Bahn in Frankreich
Rekordfahren unternahm die in einem 24 Stunden-Rekord mit
161.7 km/h Schnitt gipfelten. Dieser Rekord für 500er
Maschinen gilt heute noch. Direktor Bertie Goodman nahm als
Mitglied des acht Mann starken Fahrer-Teams an den
Rekordfahrten teil.
Konkurs
Die Goodmans waren bis 1946 unabhängig von
Fremdfinanzierung. Als aber die LE, von der nur etwa 25'000
Stück verkauft wurden, ihre Investitionen nicht
"einfahren" konnte, geriet die Firma unter Druck. Zehn Jahre
nach dem LE Debüt stürzte sich Veloce Ltd. in ein
Roller-Abenteuer das mit einem Kredit von £75'000
finanziert wurde. Der Viceroy Roller kam zu spät, war
zu gross und fand beim Publikum kein Anklang. Er besiegelte
das Schicksal von Veloce Ltd.
In jenen schwiereigen Jahren vor dem Ende
diskutierten die Veloce Direktoren auch den Import
japanischer Maschinen, eine Möglichkeit wäre
Yamaha (!) gewesen. Aus heutiger Sicht natürlich ein
katastrophaler Fehlentscheid bei Yamaha nicht zugegriffen zu
haben. Ein Lichtblick war der Ami Floyd Clymer. Der kaufte
Venom Motoren und liess sie in Italien bei Ital in ein
modernes Fahrwerk einbauen. Clymer taufte sein
englisch/italienisches Kind "Indian Velo 500".
Unglücklicherweise verstarb er 1970 und ohne seinen
Drive versandete das Indian Projekt. Nur wenige wurden
fertiggestellt, Restbestände kaufte der damals bekannte
Londoner Velocette Händler Geoff Dodkin auf. Also, wenn
du lieber Leser ein wahres Kleinod von Chlopfer suchst
...
Letzte verzweifelte Versuche von Veloce
in anderen Branchen Fuss zu fassen schlugen alle fehl. Der
veraltete Maschinenpark und die desolate Infrastruktur des
Werks schreckten potentielle Auftraggeber in einigen
Fällen ab. Mitte der Sechziger schossen Hovercraft
(Luftkissenfahrzeuge) Firmen wie Pilze aus dem Boden und
alle suchten leichte, unkomplizierte und leistungsstarke
Antriebe für Auftrieb und Luftschraube. Nichts lag
näher als der Töffmotor, der Velocette LE
Boxermotor war vom Konzept her besonders vielversprechend.
Irgendwie schafften es diese Firmen nicht, den Visionen der
Journalisten gerecht zu werden und so beruht auch heutzutage
die Massenmotorisierung immer noch auf vier oder zwei
Rädern und nicht auf den vielgepriesenen
Luftkissenfahrzeugen. Die meisten Hovercraft Firmen
schlossen ihre Tore schneller, als sie sie geöffnet
hatten.
Die Produktionsrechte und der Name
Velocette gingen 1971 an Matt Holder der bereits die Rechte
von Scott und Vincent besass. Seine Firma "The Velocette
Motor Cycle Company" ist in einem ehemaligen Gebäude
von Triumph in Meriden untergebracht. Sohn David produziert
und vertreibt heute Ersatzteile für Scott, Vincent,
Triumph und Velocette Maschinen.
Die Goodmans waren immer ehrliche,
aufrechte Geschäftsleute die sich nur mit technisch
einwandfreien Lösungen zufrieden gaben. Schon ihre
ersten Töffs zu Beginn des Jahrhunderts wurden mit
Drucköl geschmiert. Sie bauten 1929 die ersten
Zweitakter mit lastabhängiger Getrenntschmierung und
tüftelten die erste brauchbare Fusschaltung aus.
Weitere Highlights ihres Ideenreichtums waren der
Doppelsitzbank, die hintere Schwinge, die
Velocette-Kupplung, die lastabhängig einstellbaren
hinteren Stossdämpfer und die schrägverzahnten,
leise laufenden Steuerräder.
Die Arbeiter im Werk verbrachten oft ein
halbes Leben bei Veloce. Sie galten als besonders loyal und
waren stolz bei dieser angesehenen Firma arbeiten zu
können. Sie präparierten Ausstellungsmodelle und
Rennmaschinen in Überzeit und an Wochenenden - alles zu
den miesesten Löhnen der Branche. In den
Nachkriegsjahren bekundete Veloce erhebliche Mühe
qualifiziertes Werkstattpersonal zu finden. In seinem Buch,
"My Velocette Days" schildert Len Moseley aus der
Werkstattperspektive die Höhen und Tiefen von Veloce
Ltd. Len Moseley stellte man nach 47 Jahren Tätigkeit
bei Veloce gnadenlos auf die Strasse. Als 61-jähriger,
ohne Sozialplan, stand er wie viele andere langjährige
Mitarbeiter praktisch vor dem nichts. Die Tieflohnpolitik
seines Arbeitgebers hatten es ihm nie ermöglicht
grössere Ersparnisse auf die hohe Kante zu legen und so
fragt er sich, nicht ohne Bitterkeit, am Schluss seines
Buches, war es richtig all die Jahre bei Veloce
auszuharren.
Die engen Platzverhältnisse und der
chronisch überalterte Maschinenpark verhinderten es
über Jahrzehnte, die Stückzahlen zu produzieren,
die die Kunden verlangten. Von den wöchentlich
anvisierten 300 LEs wurden nie mehr als die Hälfte
gebaut. Die Einführung der LE veranlasste indirekt die
Einstellung der K-Produktion. Dies haben die wahren
Velocette Enthusiasten der Firma nie verziehen. An der
jährlichen Earls Court Show in jenen Jahren mussten die
Standleute von Velocette gar manch' gehässigen
Kommentar einstecken. Diese Blechbanane von LE konnte doch
kein Ersatz sein für die K-Modelle mit ihrem
prächtigen OHC Motor.
Clubs
Erst 1957 wurde in London ein Velocette Club
gegründet. Dieser richtete nach der Liquidierung des
Werks 1971 seine eigene Ersatzteil-Firma mit Sitz in
Leicester ein. Der Club ist ca. 1'800 Mitglieder stark,
organisiert regelmässig Treffen und gibt die
Clubzeitschrift "Fishtail" heraus.
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Eine LE beim Sammy
Miller Museum. Eigentlich war
die LE weiss.
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Boxermotor, Wasserkühlung und
Kardanantrieb. Sie war ihrer Zeit voraus
aber viel zu teuer in der Herstellung. Jede Maschine wurde
mit Verlust verkauft.
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Der 200 ccm
Boxermotor
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The
Noddy Bike, London, March 1969
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6.11.2010, Roli mit KTT 350, Mach IV von
1933.
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Königswelle, offenliegende Ventile
mit Haarnadelfedern und drahtgesicherte
Schrauben.
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Mechanik pur!
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Sepp Schnyder am Bergrennen Blonay
1966.
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Sepp Schnyder, KTT 350, an einem
Bergrennen in den 1960er Jahren.
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Isle of Man 1970, eine 500er
Thruxton in Port Erin.
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Eine Venom Thruxton 500 im National
Motorcycle Museum in Bickenhill
(Birmingham).
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Die wichtigsten Viertaktmodelle von
Veloce Ltd.
K/KTS/KSS, 1925-47, Einzylinder OHC, 350 ccm
KTT, 1928-53, Einzylinder OHC, 350 ccm, käufliche
Rennmaschine
MOV, 1933-48, Einzylinder OHV, 250 ccm
MAC, 1933-54, Einzylinder OHV, 350 ccm
MSS, 1935-48, 1954-70, Einzylinder OHV, 500 ccm
Viper, 1956-68, Einzylinder OHV, 350 ccm
Venom, 1955-70, Einzylinder OHV, 500 ccm
Thruxton, 1965-70, Einzylinder OHV, 500 ccm
LE, 1948-69, Wassergekühlter Zweizylinder-Boxermotor,
150 ccm, ab 1956 200 ccm, Leichtmotorrad
Bücher
C. E. Allen, "The Velocette Saga", Amulree Publications,
ISBN 0-9521126-2-0
Roy Bacon, "Velocette Flat Twins", Osprey Publications
Roy Bacon, "Velocette; Viper, Venom & Thruxton",
Motorcycle Monographs No. 14, Niton Publishing, ISBN
1-85579-006-8
Rod Burris, "Velocette Development History", G. T.
Foulis
Rod Burris, "A Development History of the MSS, Venom, Viper,
Thruxton & Scrambler Models", Haynes Publishing Group,
ISBN 0-85429-283-7
Rod Burris, "Velocette Motorcycles-MSS to Thruxton", Veloce
Publishing, ISBN 1-901295-78-8
Bruce Main-Smith, "The First Velocette Scene", Bruce
Main-Smith & Co. Ltd.
Bruce Main-Smith, "Service Series; All years of Velocette
Viper/Venom/Thruxton 350 & 500 cc Singles", Bruce
Main-Smith & Co. Ltd.
Dave Masters, "Velocette: A list of models 1905-1971", D. J.
Masters
Dave Masters, "Velocette 1905 to 1971 - An Illustrated
Reference", Transport Bookman Publications
Leonard J. Moseley, "My Velocette Days", Transport Bookman
Limited 1974, ISBN 85184-008-6
Ivan Rhodes, "Velocette, Technical Excellence Exemplified",
Osprey Publishing
Clubs
Velocette Owners Club, c/o VOC, The Old Chapel, Cheyney
East, Huncote, Leics, LE9 6ADThe LE Velo Club, Chapel Mead,
Blandford Hill, Winterborne Whitechurch, Blandford, Dorset,
DT11 0ABVintage Motor Cycle Club Ltd. HQ and Library
Service, Allen House, Westmore Road, Burton on Trent,
Staffs, DE14 1SN
Velocette
Owners Club
Amal GP Vegaser an der Thruxton
500
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Eigene Erlebnisse/Begegnungen mit
Velocette
Häusler mit der Thruxton am Bergrennen
Meine erste Begegnung mit dem Velocette Topmodell
Thruxton fand anlässlich des Bergrennens am Generoso
1967 stand. Der damalige Importeur aus Zürich
(Häusler?) war mit dem Ding ins Tessin gefahren und
präsentierte sie den interessierten Zuschauern als
Honda CB450 Killer. Die Thruxton war auf ihre urenglische
Art eine besondere Schönheit. Der mächtige Amal GP
Vergaser der im wundervollen Tank einen speziellen
Ausschnitt erforderte, der unverwechselbare, chromblitzende
Fischschwanz-Auspuff und der wuchtige, stehende Eintopf mit
dem charakteristischen Steuergehäusedeckel, genannt
"Map of Africa" (Landkarte von Afrika), verfehlten ihren
Eindruck nicht. Eine leise Ahnung von der Kunst einen
solchen verkappten Renner zum Leben zu erwecken, vermittelte
der bedauernswerte Thruxton Fahrer als er den Heimweg
antreten wollte. Als der störrische Eintopf alle
Startversuche per Kickstarter vereitelte, liess er die
Thruxton vom Generoso talwärts rollen. Unter dem
schadenfrohen Gelächter zahlreicher Honda-Fahrer
hustete und schnaubte die Thruxton widerwillig bergab. Sie
entschwand schliesslich mit ihrem unglücklichen Pilot
hinter einer Kehre ohne ihre Arbeit aufzunehmen. So ein Amal
GP Vergaser ist halt wirklich nur für Eingeweihte,
für Leute die am Morgen Castrol Racing Öltropfen
unter ihrem Bett vorfinden!
Besuch bei Veloce Ltd. mit Edgar in
Hall Green, Birmingham, Oktober 1969
In lebhafter Erinnerung bleibt mir ein Besuch im Werk.
Im Oktober 1969 kreuzte ich mit Kollege Edgar Goethe in
Mittelengland. In Birmingham hatten wir Gelegenheit BSA und
Velocette zu besichtigen. Triumph in Meriden gewährte
uns leider keinen Einlass. Als wir in Hall Green bei Veloce
vorfuhren war lautes Geklapper zu vernehmen. Edgar
vermutete, dass in den Büros mechanische
Schreibmaschinen hämmerten. Ich tippte aber auf
Transmissionsriemen die in den Werkhallen die
Werkzeugmaschinen antrieben. Wir wurden freundlich empfangen
und sogleich in die Produktionshallen geführt. Ich
sollte recht behalten! Dutzende, wenn nicht Hunderte von
Transmissionsriemen spannten wie Spinngewebe durch die
Hallen. Ein lebendes Industriemuseum aus dem letzten
Jahrhundert. In Arbeit waren Thruxton-Motoren, LEs und ein
oder zwei Thruxton in der Endmontage. An den Thruxtons
bastelten zwei distinguierte ältere Herren in weissen
Berufsmänteln. Wir ahnten damals nicht, dass die Firma
mit grossen finanziellen Schwierigkeiten kämpfte und
wenige Monate nach unserem Besuch die Tore für immer
schliessen sollte.
Kurts
restaurierte Venom
Schnitt durch den Venom Motor. Aus
"Velocette: Viper, Venom, Thruxton 1956-1970", Niton
Publishing.
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