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Jakob Wipf


Jakob Wipf
  • Stiller Chrampfer und begnadeter Tüftler

Alles schon erfunden? Alles schon dagewesen? Nichts Neues im Westen? Wer diesen gängigen Klischees erliegt kennt den Zürcher Jakob Wipf nicht. In seinem Kopf gedeihen noch etliche neue Ideen. Seine kritischen Augen entdecken jene Verbesserungsmöglichkeiten an Strassen- und Renntöffs die sich mit sinnvollem Aufwand verwirklichen lassen. Er besitzt auch zweifellos die handwerklichen Fähigkeiten seine genialen Ideen in die Realität umzusetzen. Die Erfolge in den Saisons 1997 und 1998, der von seinem kleinen Team unterstützten Fahrer Niggi Schmassmann, Paul Leuthart und Jochen Schmid, sind beredtes Zeugnis. Jakob Wipf möchte vermehrt seine Produkte den Fahrern von Sport- oder Tourentöffs zugänglich machen. Ganz oben auf der Liste für Strassenfahrer stehen die sensationelle Zündung - vier, im vollem Betrieb, umschaltbare Zündkurven - ein Schaltautomat und ein ausziehbarer, hinterer Kotschutzlappen.

Gönnen wir uns einen weiter gefassten Blick auf diesen bemerkenswerten Zeitgenossen und sein Umfeld. Jakob Wipf interessiert sich seit seiner Jugend fürs "Motorische" von Fahrzeugen aller Art. Sozusagen der geborene Mechaniker. Die ersten Schraubversuche an Töffs und Autos reichen in die Sechziger Jahre zurück. Die exorbitanten Töff-Versicherungsprämien um 1970 liessen das Töffgeschäft vorübergehend stagnieren. Jakob nahm eine Stelle als Betriebsleiter an und betreute in dieser Eigenschaft den Fuhrpark seines Arbeitgebers. Der Zweiradvirus sass aber bereits fest und so kam es wie es musste, 1980 eröffnete er in Buchs/ZH erneut eine Werkstatt für Töffreparaturen. Veredelte, getunte Motorräder, die Jakob eigentlich für eigenen Gebrauch gebaut hatte, erregten bald Interesse und Neid von Kollegen. Aus dem Hobby wuchs bald ein solides Geschäft. Von Buchs siedelten die Wipfs um nach Dällikon/ZH in der Nähe von Regensdorf. In dieser Liegenschaft konnte Jakob von nun an seine universalen Fähigkeiten voll entfalten. Bodeneben befindet sich die mit Werkzeugmaschinen bestückte Werkstatt, darüber die Wohnung und geräumige Elektronikwerkstatt.

Vor dreissig und mehr Jahren waren viele Autos und Töffs im Handel die per Handzug eine Zündverstellung in voller Fahrt erlaubten. Jakob wünschte sich eine solche Verstellmöglichkeit bei den mittlerweile elektronifizierten Zündungen der Neuzeit. Monatelange harte Arbeit führten ihn zum Ziel. Das seitenweise Entziffern von Heaxdezimalen Operations Codes, das Programmieren von EPROMS (Chips mit den gespeicherten Zündkurven) musste erst mal erlernt werden. Unzählige Wochenende verbratete Jakob so in seiner Elektronikwerkstatt, oft dem Aufgeben, der Resignation nahe. Das Durchhalten hat sich gelohnt. Das Resultat ist die "Power Box", eine elektronische Zündung massgeschneidert für jeden Kunden, jeden Töff. Einmalig ist die Möglichkeit, während der Fahrt per Drehschalter am Lenker, eine von vier Zündkurven auszuwählen. Fast gleichzeitig nahm Jakob die Konstruktion eines Schaltautomaten auf. Er untersuchte alle Varianten der bekannten Hersteller, doch keine dieser Konstruktionen konnte seine Erwartungen erfüllen. Bodenwellen und zunehmendes Spiel im Schaltgestänge können die dort verwendeten Annäherungssensoren stören. Es musste ein eigener Weg gesucht und gefunden werden. Dieser Weg mündete in einen Schaltautomaten ohne Annäherungssensor, mit einstellbarer Zündunterbrechungszeit und Schaltpunkt. Der exakte Schaltpunkt wird mittels Leuchtdiode an der Steuerungsbox angezeigt. Das Licht dieser Leuchtdiode ist auch sichtbar, wenn die Box zum Beispiel unter dem Tank montiert ist. Zudem ist die Zündunterbrechung derart "sanft" programmiert, dass das Getriebe auch nach tausenden von Kilometern noch in einwandfreiem Zustand ist.

Um diese Entwicklungen im Elektronikbereich durchzuführen bedarf es einer umfassend eingerichteten Elektronikwerkstatt. Die Wipfs investierten viel Geld in Laborgeräte, Frequenzumformer, PCs, Drucker, Plotter, EPROM-Brenner und vieles mehr. Der Schreibende durfte einer eindrucksvollen Demo der neusten Kawasaki ZX-7RR Zündbox beiwohnen. Exakt bei 13'900 1/min stellten die vier Kerzen auf dem Eigenbau-Prüfstand ihre Funken ein. "Dieses Drehzahllimit können wir sorglos um 500 1/min erhöhen", meinte Jakob trocken. Die Zündcharakteristiken aller bekannten Sportmaschinen sind in seinen PCs verewigt, als Grafik ausgeplottet und fein säuberlich in Ordnern abgelegt. Das Resultat dieser Arbeiten sollte natürlich raschmöglichst überprüfbar sein. Dazu dient ein Dyno Jet Leistungsprüfstand mit geregeltem, geschwindigkeitsabhängigen Gebläse und Staudruckmessung im Ram Air Einlasstrakt. Die Prüfstandsdaten überträgt Jakob per Notebook ins "häusliche Rechenzentrum". Töffs mit der Wipf-Zündbox kann Jakob auf dem Prüfstand umprogrammieren und gleich nachmessen. Erst wenn das Resultat zufriedenstellend ist wird das neue EPROM gebrannt.

Zur Seite stehen Jakob heute zwei Mechaniker in der Werkstatt und natürlich seine Frau Lotti, welche sich vorwiegend der Buchhaltung widmet. Sie legt aber auch Hand am Töff an oder besorgt Ersatzteile. Immerhin sind drei Rennmaschinen zu betreuen, ein Töffgeschäft mit Verkauf und Reparatur zu führen und eine Produktion von selbst entwickelten Geräten auszuführen. Mitglieder des Teams sind aber auch Vierbeiner wie der Werkstatt-Dackel Gina oder die Bürokatze Joni.

Dem Kunden bietet das Team um Jakob Wipf ein breit gefächertes Angebot von Dienstleistungen und ausgesuchten Produkten:

* Verkauf, Service und Reparatur von Motorrädern und Rollern.

* Motortuning von Strassen- und Rennmaschinen mit Hilfe des eigenen Belastungs- und Leistungsprüfstandes. Vergaserabstimmung und Einbau der "Power Box" Zündung. Für Zweitakt-Rennmaschinen sind Sonderanfertigungen erhältlich. Die Exup Systeme der bekannten Yamaha FZR Modelle wurden ebenfalls eingehend durchleuchtet, um eine wesentlich feiner abgestufte Steuerung zu entwickeln.

* Herstellung und Verdrahtung Spezieller Kabelbäume.

* Entwicklung und Programmierung von elektronischen Steuerungen (SPS) für alle Arten von Maschinen.

* Einbau und exakte Einstellung des selbst entwickelten Schaltautomaten.

* Fahrwerkstuning wird ebenfalls an Strassen- und Rennmaschinen ausgeführt. Das Team scheut sich nicht nach Kundenwunsch eigene Komponenten herzustellen. So wurden schon erfolgreich Gabelbrücken aus dem Vollen gefräst, Hinterradschwingen zur Geometrieanpassung umgebaut und mit exzentrischen Lagerböcken versehen.

Der Schreibende durfte die ganze Palette von Jakob Wipfs Ideenreichtum am ehemaligen Kawasaki Superbike von Scott Russell (wie diese 94er Maschine wohl nach Dällikon kam?) bewundern. Ein leiser Stolz ist in Jakobs Stimme zu hören, wenn er festhält, dass alle Arbeiten, sei es Montage, spanabhebende Bearbeitung, Schweissen, Printplattenherstellung, EPROM-Programmierung oder Leistungsmessung, ohne externe Hilfe in der eigenen Werkstatt ausgeführt werden.

Wipfs Schaltautomat wird von Strassenfahrern immer häufiger verlangt, ebenso der ausziehbare hintere Kotschutzlappen. Wer kennt das Ärgernis nicht: Am neuen Töff wird die ungeliebte Verlängerung abgeschraubt und weggeworfen, um beim ersten Vorführtermin für teures Geld nachbestellt zu werden, falls es überhaupt noch lieferbar ist. Auch die Wipfs machten oft diese Erfahrung beim Vorführen von Kundenmaschinen. Grund genug für den Tüftler, um ein für allemal für Abhilfe zu sorgen. Für Fr. 149.- erhält der Kunde eine stabile Konstruktion aus schwarz-schrumpflackiertem Alu-Blech mit sauberer Führung, sicherer Rastung oben und unten und dem vorschriftsmässigen Katzenauge. Spätestens seit der Verdreifachung der Ordnungsbussen am 1. September 1996 macht sich diese Anschaffung mehr als bezahlt.

Die Kundschaft reist inzwischen aus der ganzen Schweiz nach Dällikon um die Dienste des creativen Teams in Anspruch zu nehmen. Sie rekrutiert sich aus der Renn-, der Racing for Fun- und der Strassenszene. Dem Cross-, Enduro- und Trialbereich hat sich das Team bisher noch nicht in dem Masse gewidmet. "Wir arbeiten daran", meint Jakob geheimnisvoll. Die Wipfs vetreten keine Marke, jeder Kunde ist willkommen. Verchromtem Eisen aus Milwaukee widerfährt dieselbe Zuneigung wie den Riceburnern von der gegenüberliegenden Seite des Planeten.

Jakob ist kein dynamischer Manager der sich mit akademischen Titeln schmückt, nein, er hat bei der SIG eine hundsgewöhnliche Mechanikerlehre absolviert. Sein ausgeprägter Durchhaltewille, die ständige Bereitschaft Neues zu lernen (3L = LebensLangesLernen) und ein Riecher für das Machbare bestimmen seinen Weg. In einem halben Dutzend Jährchen hat Jakob das AHV-Alter erreicht, seine Ideen sprudeln aber nach wie vor wie aus einem Jungbrunnen. So vital wie ich ihn kennen lernte, kann ich mir nicht vorstellen, dass er zum Fünfundsechzigsten die Hände in den Schoss und den Kopf zu Akten legt. Ferien sind für ihn beinahe ein Fremdwort. Die Chrampferei wird nur einmal im Jahr für eine Woche Töff-Ferien unterbrochen!

Ja eben, falls es in der Strassensportszene wider erwarten langweilig wird, da wäre noch der ganze Off Road Bereich!

Besuch bei Jakob Wipf am 26. August 2000
Da ist er nun tatsächlich in den Offroad Bereich gewechselt. In der Saison 2000 betreut Jakob Wipf die Motoren der Auto-Crosser Sepp Marty, Sepp Reichmuth, Gottfried Hecht, Edi Raschle und Marcel Egg. Die 100'000-fränkigen, allradgetriebenen Buggies sind mit Suzuki GSX-R oder Hayabusa Motoren ausgerüstet. Selbstverständlich sind diese Motoren komplettiert mit Schaltautomat und Zündbox aus der Wipf'schen Werkstatt.

Am 17. März 2001 ist aus Motos Wipf die TöffWerkstatt entstanden. Jakob tritt damit ins 2. Glied zurück und wird es in Zukunft ruhiger nehmen.

Im März 1996 für Moto Sport Schweiz geschrieben. Bisher nicht veröffentlicht. Überarbeitet: Februar 1999, August 2000.
10. Dezember 2008, umfassender Bericht von Markus Schmid in Moto Sport Schweiz Nr. 25/08

Peter Fritschi  und Jakob Wipf

Peter Fritschi und Jakob Wipf

Der PS-Flüsterer vom Katzensee
Text Markus Schmid, Moto Sport Schweiz, Nr. 25/08 vom 10. Dezember 2008, Seite 32

Motorelektronik
Autodidakt Jakob Wipf baute schon vor Jahren einen Big-Bang-Reihenvierzylinder, brachte seinerzeit die Swissauto richtig zum Laufen und tunt heute in Regensdorf am Katzensee die ASR-Kawasakis.
Jakob Wipf schaut auf den Ausdruck des Dynojet-Prüfstandes. Er zeigt das Diagramm einer voll durchbeschleunigten und durchgeschaltenen Sechshunderter. Jetzt tippt Wipf erst mit dem Zeigefinger auf die satte PS-Kurve, die an den Schaltpunkten nur mit einer ganz kurzen Spitze nach unten zeigt und dann praktisch senkrecht wieder ansteigt, fixiert dann mich und sagt ein einziges Wort: "Schneegränze!"
Ich werde das Wort noch oft hören an diesem Abend, immer dann, wenn Jakob festhalten will: Hier ist das Maximum erreicht, Ende der Fahnenstange. Und letztlich ist dieser Zustand eines Motors das einzige, was den begnadeten Tüftler interessiert, das Limit ausloten, gerade noch unterhalb der Schadensgrenze.
Er ist ein umgänglicher, sehr höflicher Mensch. Etwas, das gerade auf Töffrennplätzen, wo er die Motorelektronik der ASR-Mannschaft betreut, besonders auffällt. Nichts von Brachialrethorik, von sich-in-die-Brust-werfen, obwohl es dafür nach dem Meistertitel 2007 "seines" ASR-Piloten Thomas Flückiger in der Strassenschweizermeisterschaft Superstock 1000 gute Gründe gegeben hätte. Der immer etwas verschmitzt dreinblickende Wipf ist ein Leiser, der erst die andern reden lässt. Als ob er immer erst herausfinden wollte, ob sein Vis-a-vis überhaupt genügend Grundkenntnisse zum Thema Motorfunktionen auf der Festplatte verfügbar hat, bevor er ihm tiefere Einblicke in sein Wissen gewährt. Falls der Proband nicht genügt, kann er sich ja immer noch auf eine väterlich-nett dargebotene Altersweisheit zurückziehen. Nichts scheint im ferner zu liegen, als jedem gleich von seinen Schneegrenzen zu erzälhlen
Wenn er dies tut, ist es vorbei mit der Gelassenheit. Jedenfalls innerlich. Dann taucht er ab, dann wird Wipf verrückt, rückt weg aus der Normalwelt, kommt vom Gasgriff via Drosselklappen und das von ihm mit Vorliebe und einem Augenzwinkern Lambada-Sonde genannte Diagnose-Teil des Systems aufs gesamte Motormanagement. Man landet unweigerlich bei Vorzündung, "mitraillierenden, langen" Zündfunken, bei den Brenngeschwindigkeiten des Gemischs und bei Einspritzmengen. Der Zuhörer erfährt nebenbei, dass bei fast allen Drosselklappensensoren der Spannungsunterschied im System zwischen voll offener und geschlossener Klappe 3.0 Volt beträgt, und dass deshalb ihr Stellmotor ebenso wie der Hub der Einspritzventile über das Modulieren der Spannung präzise gesteuert werden können. Ride-by-wire eben.
Und dann stösst man plötzlich auf Wipfs Geheimnis, auf die Karte, die zum verborgenen Schatz führt, der da heisst: Ideale Füllung und Verbrennung. Die Gemeinsprache heisst Hexadezimaler Operations Code. Mit ihr programmiert Wipf nächtelang die theoretisch möglichen 1600 Parameter, mit denen der Verbrennungsprozess im modernen Viertaktmotor gesteuert wird und brennt sie dann auf die EPROMs, die Speicher, die den Bordrechner der Motorräder mit den ganzen Kennfeldern für Zündung, Einspritzung und Drosselklappensteuerung füttern.

An die Schneegrenze - immer!
"Beim Programmieren musst du jede Ablenkung ausschliessen, sonst gibs Katastrophen. Bei diesem Hexadezimalsystem riskierst du, dass du beim kleinsten Fehler gleich um den Faktor zehn daneben liegst. Das verträgt kein Motor, dann knallts sofort! Deshalb stehe ich oft morgens um 4 Uhr auf. Da stört dich niemand", sagt Wipf. Deshalb hat er im Büro - oder besser Arbeitszimmer - in der Wohnung, die er mit Jeanne teilt, ein Netzwerk von 10 PCs eingerichtet, ergänzt durch 2 weitere in der Garage. Vom Bett an den PC, wenn ihn die Ideen nicht schlafen lassen. So ist das an der Schneegrenze.
Danach hört Wipf im Fahrerlager seine "Buebe" an, seine Rennfahrer im ASR-Team, wenn sie irgendwo im Kurvenverlauf nicht haargenau die Leistungsentfaltung erhalten, die sie erwarten. Nach einer Stunde oder zwei hinter dem Laptop hängt er diesen an die Zündbox, lädt ein modifiziertes Programm drauf und in aller Regel sind dann die Jungs begeistert. "Ich sage ihnen aber nie, was ich verändert habe. Ich gebe nur generelle Fahranweisungen, wenn das nötig ist." Wenn er etwa die Schaltzeit seines selbst konstruierten Quick Shifters von den üblichen 65 Millisekunden auf deren 57 verkürzt hat, verlangt er: "Gib einen deutlichen Schaltbefehl", damit es nicht "chroset im Gebälk". Denn Jakob weiss: Er ist wieder mal an der Schneegrenze angelangt, alles muss stimmen.
Wie extrem tief sich Wipf in ein Projekt hinein denkt, veranschaulicht das Beispiel der diesjährigen SM-Rennen der Superstock 600 in Dijon. Er überlegte sich, dass die Kawasakis wegen ihres weit zwischen den heissen Aluminiumgussteilen des Lenkkopf hindurch führenden Ram-Air-Kanals ihre Ansaugluft stärker erwärmen würden, und deshalb das Gemisch magerer, die Zylinderfüllung im Lauf des Rennens schlechter werden würde. Also schrieb er vor Ort ein Programm für ein fetteres Gemisch und wies seine Piloten an, einfach in den ersten sechs Runden unbedingt an der Spitze dran zu bleiben. Später werde die nötige Leistung dann schon da sein.
So war es: Jeweils ab Runde Sechs fuhr Dominik Plüss scheinbar mit Leichtigkeit an den nun heiss und deshalb zu mager laufenden Maschinen der Konkurrenten vorbei und siegte.

Ein alter (Schnee-)Hase
Wer jetzt meint, Jakob Wipf habe in der Strassen-SM seinen Schaffenszenith erreicht, hat weit gefehlt. Wipf optimierte Elektronik und Fahrwerk des offiziellen Superbikes von Jochen Schmid im offiziellen Kawasaki Team 1997 und 98 der Pro-Superbike, er konstruierte und baute aber auch schon Jahre vorher für die Swissauto-Truppe und deren GP-500er einen Mini-Alternator - nur 160 mm breit und 560 Gramm leicht - zur Speisung der elektronischen Auslasssteuerung, die vorher nicht wunschgemäss gelaufen war, weil der "Pfuus" fehlte. Sie drückte nachher 200 PS ab! Und Wipf brannte auch spezielle EPROMs für das feuchtheisse Macao, mit denen Res Hofmann dort siegte.

Transistoren im Kuhstall
Aber wie wurde der Mann, der in Flurlingen aufwuchs und bei der SIG in Schaffhausen eine gewöhnliche Mechaniker-Stifti gemacht hatte, zum Motorelektronik-Guru, dem sie in der deutschen Rennszene den respektvollen Übernamen Mister 10'000 Volt gaben?
Wipf war bei der SIG zwar nur einer unter mehr als 200 gleichaltrigen Lehrlingen, lernte aber schnell, baute noch in der Stifti mutterseelenalleine eine erste Verpackungsstrasse für die berühmte Toblerone mit nahezu 1000 elektromechanischen Schützen zusammen. Beim Start nach drei Tagen Aufbau gabs erst einmal zerquetschte Tobleronen. Nach zwei weiteren Tagen waren die insgesamt drei Fehler korrigiert, die Anlage lief. Jakob hatte gelernt: Fehler dürfen nicht passieren! Und er sog alles auf, was er konnte, lernte schmieden, härten und schweissen, auch Aluminium in Argon-Atmospäre, verdiente sich damit das erste Sackgeld nebenbei. "Damit ging ich ins Kino, John Wayne Filme schauen für 55 Rappen." An der Abschlussprüfung erreichte er nur deshalb nicht die Bestnote von 1.0 sondern "nur" 1.2 weil er lediglich einen der sieben amtierenden Bundesräte kannte: "Die Glön händ mi scho denn nid interessiert ...".

Bauer Lehmann, Stromfreak
Dann traf er Bauer Lehmann. Der war aus unerklärlichen Gründen dem Faszinosum des elektrischen Stroms verfallen: Unscheinbare Form, aber geballte Kraft, das wars was ihn nicht losliess. Er hatte sich im Kuhstall ein kleines Elektronikwerkstättli eingebaut. Er und Wipf bauten mit den ersten Transistoren alles, vom Zeitschalter bis zur Abhöranlage. Jeden Samstag und Sonntag. Immer an ihrer persönlichen Schneegrenze. Dann kam mit den ersten Transistoren die Elektronik.
Wipf heute dazu: "Der hat sich das selbst beigebracht. Ich habe dann immer weitergemacht, denn wenn du in der Elektronik zwei Jahre pausierst, hast du den Faden verloren. Dann kamen die integrierten Schaltkreise, die ICs. Ich bastelte neben meinem Beruf immer weiter. Dann eröffnete ich in Dällikon 1981 die erste eigene Motorradwerkstatt, hatte irgendwann fünf Mitarbeiter, und entwickelte meine Zündbox, die Power Box und die Schalthalbautomatik."
Die Kunden, teils Rennfahrer, wollten nun, dass Wipf an der Strecke dabei wäre, für den Fall des Falles. Und Wipf begann, in gesetzten Alter von Mitte Vierzig, Hobbyrennen zu fahren. Das brachte ihn dann endgültig in den Kontakt mit grösseren Teams. Den Rest kennen wir bereits, wenigstens in grossen Zügen.
Ausser der Tatsache, dass Jakob Wipf sein Geschäft in Dällikon schon vor Jahren zwecks Pension geschlossen hat (heute Töffwerkstatt)und jetzt doch wieder in der Industriezone von Regensdorf bei einem befreundeten Automechaniker mit eigenem Betrieb, Ueli Fäh, wieder mit den Töffs angefangen hat.
Er kanns halt nicht lassen, der Pferdestärkenflüsterer vom Katzensee. Ihm ists am wohlsten zwischen seinen Computern, Bildschirmen, Druckern, Oszillographen, EPROM-Brennern und Schubladenstöcken voll mit ICs, Platinen und sonstigem Elektronik-Material. Er muss weiterhin immer wieder an die Schneegrenze gehen.

Steckbrief Jakob Wipf
Geburtsdatum 31.12.1936
Wohnort Watt bei Regensdorf
Zivilstand verheiratet mit Jeanne
Lieblingsessen am liebsten zu Hause
Hobbys Elektronik, Tauchen, Fotografieren, Töfffahren
Beruf Elektromechaniker; Zusatzausbildungen als Schweisser, Tauchlehrer
Töffkarriere Fahrprüfung (1955 mit 18 Jahren) auf eigener "Doppelkolben"- Puch 250, Puch 125 Sport, Triumph 500 Speed Twin, Norton International 500, Honda CB 750 Four (1969), Kawasaki GPz 1100 EFI, Yamaha FJ 1100 und FJ 1200, Yamaha XJ 650 Turbo, Kawasaki Z750Turbo, Suzuki GSX1100 F
Private Motorräder heute Yamaha Fazer600 und Honda VF 750 C (Softchopper), beide mit Schaltautomat für Touren; dann eine Yamaha FZR 750 R (OW01) und eine Bimota YB6 als Reminiszenz an den Rennsport.
Traumtöff zum Reisen eine Honda Pan European, sonst MV Agusta F4
Bewundert im Motorradsport Valentino Rossi, MickDoohan, Scott Russell, aber auch Michael Schumacher
Geschäft Wipf Motos, Pumpwerkstrasse 25 (in Autowerkstätte Fäh), 8105 Regensdorf; wmotos@hispeed.ch


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Text und Bilder Robert Pfeffer
CH-8194 Hüntwangen

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