Ein Zeuge von Bleisatz und Buchdruck |
Durch die Suche nach Setzmaschinen (line casting machine) auf dem Internet bin ich aufs Typorama in Bischofszell/TG gestossen. Als Mechanikerlehrling der Firma Oskar Schnetzer war ich vier Jahre lang, von 1958 bis 1962, an der Revision von Bleisatz-Setzmaschinen beteiligt. Solche Setzmaschinen werden seit Jahren nicht mehr gebaut, sie wurden durch neue Technologien abgelöst. Sammler wie Paul Wirth aus Gossau/SG und Karl Max Trefzer aus Schopfheim/D bewahren uns das Erbe dieser bedeutenden Maschinen. Das Typorama zeigt dem Besucher die ganze Palette des Bleisatz, nicht nur Setzmaschinen, sondern auch Druckmaschinen, wie Heidelberger Tiegel und Heidelberger Zylinder. Und im Typorama wird an Werktagen ganz normal gearbeitet, ein Museum das lebt. Das Museum befindet sich in zwei Hallen auf 1000 m2. ![]() Typorama |
1884 Ottmar Mergenthaler
führt die Stabsetz- und Giessmaschine vor. Englisch:
linecasting machine 1886 Bei der New York Tribune wird
eine Setzmaschine mit Matrizenumlauf in Betrieb
genommen. 1889 Die Linotype-Simplex, Mergenthalers letzte und beste Maschine, ist fertiggestellt. 1890 Die National Typographic Co. und die Mergenthaler Printing Co. werden in die Mergenthaler Linotype Co. vereinigt. In Manchester wird eine Linotype Fabrik gegründet. 1894 Eine holländische Zeitungsfabrik in Amsterdam arbeitet mit einer Linotype. 1896 Die Mergenthaler Setzmaschinenfabrik GmbH wird in Berlin gegründet. 1900 Die Schriftgiesserei D. Stempel übernimmt die deutsche Matrizenfertigung. 1916 Die erste Fotosetzmaschine der Welt wird nach dem Linotype-Prinzip gebaut. 1949 Die Serienfertigung der Bleisetzmaschinen läuft wieder an. 1954 Zum 100. Geburtstag des Firmengründers sind über 100'000 Linotype-Maschinen im Einsatz. 1962 Der Lino-Quick-Perforator, der weltweit erste elektronisch arbeitende Perforator, wird vorgestellt. 1964 Vorstellung der Linofilm Quick, einer röhrengesteuerten Fotosatzanlage. Linotype Library ist heute Teil der Heidelberger Druckmaschinen AG. |
![]() Paul Wirth, der Initiant des Typorama. |
![]() Weitere Setzmaschinen waren der oben
abgebildete "Typograph" von 1930,die in England
gebaute "Intertype"und die Monotype. Der Typograph war eine
einfache preisgünstige Maschine an der, der Setzer
stehend arbeiten musste. Am Drahtkorb konnten nur die
Matrizen einer Schriftart hängen. Nach dem Giessen
jeder Zeile schwenkte der Setzer den Korb nach hinten, um
die Matrizen abzulegen. Rechts unten erkennt man den
Antriebsmotor und links den silberfarbenen
Schmelztiegel. |
![]() Neotype Rossija, Modell 2N-140 Wie Paul Wirth zu dieser fabrikneuen russischen Setzmaschine kam, dass lassen Sie sich am besten von ihm selbst erzählen. Das Museum ist jeden ersten Sonntag im Monat geöffnet. Führungen jeweils 14 und 16 Uhr.
Typenschild
Ein Schild meiner Lehrfirma
Matrizen
Letternblei, eine Legierung von Blei, Antimon und Zinn
Maschinensatz
Setzkasten des Handsetzers
Satz im Tiegel
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Die Monotype auf der Einzellettern gegossen werden. Die Maschine ist zweiteilig, rechts der Taster der den Lochstreifen stanzt, links die Lochstreifen-gesteuerte Giessmaschine (type casting machine). |
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Die Setzmaschine ist eine bedeutende
Erfindung. Nach 450 Jahren Handsatz konnte erstmals Satz
maschinell und wesentlich schneller hergestellt werden.
Zeitungen und Bücher wurden nun schneller und
günstiger produziert und forcierten damit Wissens- und
Informationsverbreitung. |
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Die rückwärtigen Kurvenscheiben steuern den Arbeitsablauf der Linotype. |
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Linotype Typolino II, Modell Nr. 18, Zwei-Magazin-Mixermaschine mit Seitenmagazinen, Baujahr 1957. |
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Linotype Quadriga, Modell Nr. 28Q, Vier-Magazin-Einableger-Maschine für Lochstreifenbetrieb, Baujahr 1973. |
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Paul Wirth demonstriert die Linotype. Da hier wochentags normal gearbeitet wird, ist quasi alles auf Knopfdruck betriebsbereit. Die gesetzte Zeile (Matrizen) befindet sich im Zeilenkasten (assembly box). |
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Die Führung im Typorama beginnt in der Handsetzerei. Paul Wirth erklärt den Besuchern die Arbeit des Setzers, die Fachausdrücke und die verschiedenen Schriftarten. |
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Zwei Heidelberger Tiegel in perfektem Zustand. Auch diese Maschinen werden den Besuchern erklärt und vorgeführt. Die Unterschiede zu den "Zylindern" wird gleich am "lebenden" Objekt demonstriert. |
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Text und Bilder Robert Pfeffer |